Rossberg Majuskeln Substantival Versal Initial Capital Title

Majuskeln: Substantival, Versal, Initial, Capital

Theoretische Auseinandersetzungen mit den Roßbergschen Theorien
Januar 2024

Grundsätzlich verstehen wir unter Majuskeln die Großbuchstaben der Lateinischen Schrift (lat. ‚māiusculus‘: etwas größer). Minuskel ist die entsprechende Bezeichnung für einen Kleinbuchstaben (lat. ‚minus‘: klein, gering, kurz). Majuskel und Minuskel sind typografische Begriffe; was sie nicht machen ist die Größe determinieren, in der sie geschrieben werden.
Anders verhält es sich mit den Ursprüngen der Begriffe, die weiterhin verwendet werden, wie z.B. das Initial, welches einen neuen Text initiiert, oder die Versalie, die einen neuen Vers einleitet. Des weiteren gibt es Kapitale, von der heute das Wort „Kapitälchen“ abstammt, diese wurden ursprünglich verwendet um ein neues Kapitel zu markieren.

Die folgenden Ausführungen beschreiben die Sichtweise Christian Gottlob Roßbergs (1740–1822) auf Großbuchstaben. Er definiert genau vier Majuskelgrößen, die entsprechend ihrer Anwendung dann auch unterschiedlich stark ornamientiert, bzw. mit Zierschwüngen geschmückt wurden.

Überhaupt aber sind sie alle Anfangs-Buchstaben, und sowohl ihrem Wesen, als der Beschaffenheit nach, einerlei, nur die Höhe oder Größe und der Gebrauch unterscheiden sie.

C. G. Roßberg, 1793 [1]

Abbildung aus Roßbergs Systematischer Anweisung, 1793 [2]
Die Illustration zeigt die drei Gattungen C, D und E und darin jeweils die Fraktur mit dem Buchstaben C als Substantival (Ca), als Versal (Cc), als Initial (Co) und als Capital (Cu). Im Hintergrund sind alternative Buchstaben mit einer gestrichelten Linie angedeutet.

Substantival

Die Substantivalbuchstaben sind die kleinsten, auch Grundbuchstaben genannt, man verwendet sie für Substantive, für Namen, und nach Interpunktionszeichen. Für die Fraktur bestimmt Roßberg die Größe der Buchstaben mit 1,5 mal die Schrifthöhe.

Versal

Die Versalbuchstaben sind größer als die gerade genannten Substantivalbuchstaben, nämlich 2 mal die Schrifthöhe (für eine Fraktur), sie leiten einen neuen Satz ein.
(Laut Roßberg gab es früher nur zwei Sorten von Majuskeln: große Initialbuchstaben zum Anfang einer Schrift und kleinere Versalbuchstaben für den Anfang von Zeilen und Versen.)

Initial

Der Initialbuchstabe steht am Anfang eines Textes und wird groß geschrieben, bei der Fraktur genau 3 mal die Schrifthöhe, und weiterhin mit Zugwerg verziert. Er wird mit der gleichen Federbreite geschrieben wie die übrige Schrift.

Capital

Der Capitalbuchstabe wird entweder so groß wie der Initialbuchstabe oder noch größer geschrieben, maximal 4 mal die Schrifthöhe (gilt für Fraktur), und mit mehr Zugwerg verziert. Ausschlaggebend ist, dass er mit einem breiteren Schreibwerkzug gebildet wird, als der Fließtext.

Roßberg: Sollen die Buchstaben übereinstimmen, so müssen sie nicht nur im richtigen Verhältnis zu den Minuskeln stehen, sondern auch aus den gleichen Bestandteilen formiert werden. [3] Weiterhin merkt er an, dass die Majuskeln aufgrund ihrer Größe mager wirken können und schlägt vor, die Charakterzüge (= die Hauptstriche der Buchstaben) mit etwas mehr Federdruck auszuführen, um ihnen mehr Gewicht zu verleihen. [4]

Die folgende Illustration skizziert die Größenverhältnisse nach Roßberg, lässt jedoch den vorgeschlagenen erhöhten Federdruck außer acht.


Das bisher genannte bezog sich insbesondere auf die Fraktur. Da Roßberg den Anspruch hatte seine ganze Familie gleich zu behandeln, hat er diese Systematik auch auf seine weiteren Schriften angewendet. In der folgenden Abbildung finden sich Beispiele für die gezeichnete und geschrieben Fraktur, Halb-Fraktur, Kanzlei, Kanzlei-Kurrent und Kurrent. Ohne umfassende Besprechung soll die Tabelle lediglich als Referenz für eventuelle weiterführende Diskussionen dienen. [5]

Quellen

Roßberg, Christian Gottlob: Systematische Anweisung zum Schön- und Geschwindschreiben und zur Prüfung deutscher Hand- und Druckschriften. Dresden und Leipzig, 1793. Die Fotos wurden im Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Leipzig aufgenommen.
[1] Theorie Teil 2, S. 5
[2] Band 2, Tafel 2
[3] Theorie Teil 2, S. 7
[4] Theorie Teil 2, S. 12
[5] alle Abbildungen sind Ausschnitte von Tafeln aus Band 2